Ausbildung der Ninja

Ninja durch Geburt

In früheren Zeiten konnte man den Beruf eines Ninja nicht erlernen, man wurde durch die Geburt zum Ninja und starb als Ninja. Ab der frühen Kindheit löste man die Glieder des Kleinkinds aus den Gelenken, und schuf so die Voraussetzung, die den Ninja später befähigten sich aus Fesseln zu befreien. Schon die jungen Kinder eines Ninja lernten sich ihrer Umgebung bewusst zu sein. Wenn sie aufwuchsen, wurden sie in den geheimen Künsten ihres Ryū ausgebildet.

Training schon im Kindesalter

Mit dem Alter von fünf oder sechs nahmen ihre Kinderspiele langsam die Form von Training an. Sie lernten spielerisch ihre Balance und Geschicklichkeit zu trainieren. Sie balancierten auf dünnen Stäben, die immer höher aufgehängt wurden, sie lernten sich zu drehen, zu springen, zu sitzen und zu bücken, ohne das Gewicht zu verlieren. Sie liefen über moosige Planken, um ihr Gleichgewicht zu trainieren oder sprangen über niedrige Büsche. Oder sie liefen auf geta (Holzschuhe) über Eisflächen.

Ab dem Alter von neun Jahren wurde die Körperkondition und Gelenkigkeit trainiert. Die Kinder übten Rollen, Sprünge und Yoga ähnliche Bewegungen. Sie lernten bitterste Kälte zu ertragen, längeres Fasten auszuhalten, unmerklich zu atmen und sich gegen Folter abzuhärten.

Kampftraining

Mit zunehmendem Alter übten sie Schlag- und Tritttechniken gegen Strohbündel auszuführen.

Sie lernten die fundamentalen Grundtechniken des waffenlosen Kampfes, und später die Grundlagen des Schwertkampfes und Stabkampfes.

Als Teenager lernten sie den Gebrauch der speziellen Waffen ihres Ryū. Klingenwerfen, versteckte Waffen, Seil- und Kettentechniken wurden trainiert.

Körperliches Training

Sie übten Schwimmen und Unterwassertaktiken, und lernten wie sie die Natur benutzten konnten, um Informationen zu bekommen oder sich zu verbergen. Sie verbrachten unzählige Stunden damit an engen Orten zu verweilen oder von Bäumen herabzuhängen, und trainierten so ihre Geduld, Ausdauer und Widerstandskraft.

Sie lernten sich leise zu bewegen und große Entfernungen zu laufen, von Baum zu Baum und Dach zu Dach zu springen. Ninja sollten Fähig gewesen sein, die 560 Kilometer zwischen Edo und Osaka in nur drei Tagen zurückzulegen. Das hört sich zwar etwas übertrieben an, aber Hatsumi besteht darauf, dass 110 Kilometer pro Tag für einen Ninja nichts außergewöhnliches darstellte.

Dem Ninja kam es vor allem auf die Schnellkraft an, die es ihm erlaubte, blitzschnell zu reagieren.

Später lernten sie Schauspielerei und Psychologie. Indem sie sich selber und andere beobachteten lernten sie die menschliche Psyche zu verstehen, und die mentalen Schwächen und Begrenzungen zu ihrem Vorteil auszunutzen.

Sie lernten auch wie man Medizin und Drogen herstellte, den Einbruch in Gebäude, Mauern zu erklettern, an Decken zu hängen und unter Fußböden zu liegen.

Sie lernten, wie man einen Feind fesselte, erfolgreich fliehen konnte und Karten erstellte.

Geistiges Training

Neben dem körperlichen Training war eine geistige Entwicklung von enormer Bedeutung. Der Körper ist nur in Verbindung mit dem Geist in der Lage unglaubliches zu vollbringen. Eine Methode, um sich die geistigen Kräfte zunutze zu machen war Meditation und Atmung. Atmen wirkte beruhigend und half, störende Gedanken zu verbannen. Entscheidend für den Kampf waren Gelassenheit, Beharrlichkeit und das Besiegen der Angst. Frei von den Gedanken an Sieg oder Verlust, wurde der Ninja fähig zu siegen. Der Wille des Ninja war entschlossen, klar und ruhig wie ein See, auf dessen Oberfläche sich das Mondlicht spiegelt. Seine Aktionen waren natürlich-entspannt. So war er in der Lage mehrere Angreifer gleichzeitig zu besiegen.

Sie lernten kuji in, magische Fingerzeichen, mit denen sie sich mit dem Lauf der Dinge in Einklang brachten und so Änderungen hervorrufen konnten. Insgesamt gab es 81 Fingerzeichen. Der Ninja bediente sich verschiedener Elemente des shugendō, mikkyō und tantrischer Lehren. Kuji kiri wurde benutzt, um das Selbstvertrauen eines Ninja wieder herzustellen, um ihm innere Kraft zu verleihen oder um ihm in gefährlichen Situationen zu helfen. Durch das kuji kiri sollen Ninja in der Lage gewesen sein, Feindseligkeit zu spüren, die Wahrnehmung zu verstärken und die Instinkte wilder Tiere im Menschen zu wecken.

Ninja nutzten auch saiminjutsu, die Kunst der Hypnose. Durch ihre geistigen Kräfte waren die Ninja in der Lage jede Aufgabe zu lösen.


Text: Stefan Imhoff